Burgtheater

Musique don’t stop

Kraftwerk – Katalog – Burgtheater 16.05. 22:00+17.05. 19:00 Der Beginn von „Die Mensch Maschine“ war. Die rot-weissen, suprematistischen Geometrien im Raum animiert in Kombination mit der Musik war ein sehr starker Eindruck. Leider fand ich während des Konzerts meine persönliche Flashkurve als stetig sinkend, weil die Imposanz abnahm. Zwischenzeitlich hatte ich auch das Gefühl, dass eine Altherrentruppe auf Promotiontour ist um ihre immer neu remastereden Platten weiter an den Mann zu bringen. Bei derartiger Musik ist es auch etwas schwierig den live Faktor nachzuvollziehen. Zugegebenermassen bin ich da sehr gebrandmarkt nachdem ich vor einigen Jahren Grandmaster Flash beiwohnte und dieser leuchtende Apfel mich irgendwie verwirrte und ich das Gefühl nicht loswurde, er hätte eine Kassette eingelegt. Dazu kommt, früher in den 80ern Kraftwerk war die Truppe mehrstimmig und jetzt singt nur noch Ralf Hütter. Ich meine auch eine gewisse Heiserkeit beim zweiten Konzert „Computerwelt“ ausgemacht zu haben.  Soviel zu Thema live. Wenn man Wikipedia glaubt ist der Vierte auch kein Musiker. Der stand auch teilweise etwas unbeteiligt daneben. Warum das Intro/die Begrüssung bei Computerwelt gleich war wie bei „Mensch Maschine“, die sagte „die Mensch Maschine“, habe ich nicht verstanden. War wohl ein technischer äh menschlicher Fehler, also die falsche Kassette eingelegt. Das mit der sinkenden Flashkurve muss ich nach dem zweiten Tag revidieren. Es gab auch immer wieder visuelle Peaks. Aber das ist ja auch Geschmackssache. Beim Konzert „Mensch Maschine“ kamen mir die 3D Effekte teilweise noch etwas flach vor. Die Objekte sind zwar im Raum, aber sie haben selbst keine Tiefe. Es erinnert an  diese Magic Eye Geschichten aus den 1990ern. Am Ende war es ok, „nur“ 2 Konzerte gesehen zu haben, auch wenn sie sich nur im Aufbau und in ca. 2 Songs unterschieden und keine Zugabe beim Frühtermin. Ich bin aber auch froh, die dritte Karte umgetauscht zu haben. Das wäre vermutlich dann irgendwann langweilig geworden. Lieber Das in einer anderen Location anschauen. Ich frage mich, ob bei den Konzerten in den Museen MoMa, Tate Modern und K20 eine Bestuhlung vorhanden war. Irgendwie schon komisch ein Popkonzert in einem Theater sitzend zu schauen. Da kommt auch nur eingeschränkt Stimmung auf. Trotzallem ist immer wieder ist es interessant sich zu vergegenwärtigen, wie aktuell, visionär, avantgardistisch die Musik und die Texte sind. Bei dem Sound können diese ganzen Minimal Typen voll nach Hause gehen. Die haben überhaupt nichts Neues geschaffen und das 30 bis 40 Jahre später. Das zeigt aber auch wie weit der Kraftwerk-Sound vorgegriffen hat. Man muss sich auch immer wieder vergegenwärtigen wann die  Songs entstanden. Autobahn 1974, Radioaktivität 1975, Trans Europa Express 1977 , Computerwelt 1981. Die Ölkrise ist gerade mal ein Jahr her, die grossen Atomgaus sind noch gar nicht passiert, der Text wird immer angepasst bis zur japanischen Fukushima Strophe. Europa grenzenlos war damals noch nicht selbstverständlich. Damals gab es noch richtige Passkontrollen. Etwas schade finde  ich, dass sie die dritte Strophe im Zuge der Kompilationierung von „The Mix“ eingespart haben. Man muss nicht diese penetrante Heimatreferenzierung wie die Toten Hosen bringen.

Interpol und Deutsche Bank, FBI und Scotland Yard, Flensburg und das BKA, haben unsere Daten da“ Ohne Worte.

Robinson Crusoe

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Ehrlich gesagt hatte ich früher nie das Buch gelesen und hatte nur die kryptische Ahnung von lange allein auf einer Insel in der Karibik, irgendwann taucht Freitag auf, wird gerettet.

Das Stück im Burgtheater hat mir eigentlich sehr gefallen und war der Auslöser mir das Buch reinzupfeifen. Wie so oft, war die Enttäuschung über das Stück im Nachhinein gross. Was ich erst im Nachspann des Buches erfuhr, war bis 1900 also knapp 300 Jahre eine abgespeckte und in wesentlichen Teilen veränderte Kinderversion (pädagogisch wertvoll) im Umlauf und scheint die Urfassung bis heute verdrängt zu haben, was sich wohl auch in der Inszenierung des Burgtheaters niedergeschlagen hat.

Nichtsdestotrotz sind beide Versionen sehr zu empfehlen. Das Buch habe ich sehr genossen. Vor allem weil es Einblicke in das Leben und Reisen vor 400 Jahren gibt. Planst Du eine Seereise über den Atlantik kann alles passieren: du hat keinen Wind, falschen Wind, so dass Du nicht wegkommst. Du kenterst oder wirst überfallen und versklavt oder du wirst getötet. Du must die Besatzung eines anderen Schiffes retten, was deine Reise auch verzögert. Du verlierst den Kurs und geisterst erstmal wieder etwas durch die Gegend. Die Sachen passieren einfach und kein Mensch kriegt es mit, ist aber auch nicht verwundert, wenn Du erst zwei Jahre später als geplant wieder auftauchst. Zeit spielt keine Rolle. Musst Du halt 5 Monate warten bis die Karawane loszieht. Oh, Wintereinbruch, egal, Warte nochmal 6 Monate. Auch wenn Du eventuell die Möglichkeit hattest zwischendurch Briefe zu schreiben, ist nicht sicher, ob sie ankommen, weil denen schliesslich das Gleiche widerfahren kann. Kein Mobiltelefon, kein GPS, kein Geldautomat, kein Blog, keine Liveübertragung, kein Publikum, was Dich erlöst. Nichts.
Ganz zu schweigen von den anderen Themen wie Vater vs. Sohn, Religion + Zivilisation + Sozialisation vs.“Wildheit“, Humanitas etc.

Warten auf Godot

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Als ich Freitag abend ganz unprätentiös mit dem Fahrrad zum Burgtheater fuhr, war da wieder das übliche Problem. Es gab nicht genügend Fahrradstellplätze. Ok, man sollte vielleicht auch nicht mit einem Drahtesel bei der Burg vorfahren. Ist vielleicht eine Beleidigung der Hochkultur. Liess sich aber nicht ändern.
Der einzig freie Mast befand sich am Ende der Strassenbahnhaltestelle, also da, wo meisstens keine Bahn mehr steht.
Ich schloss das Fahrrad inklusive Helm also dort ab, holte die auf den Namen meiner Frau bestellten Karten ab, was den netten Herrn vom Burgtheater wegen der Namensähnlichkeit immer sehr erfreut.
– Schöner Name. Ich heisse auch so – ohne “i” …Ihre Frau kommt heute nicht?
– Doch! Sie hat sich nur verspätet. Danke für die Karten, bis zum nächsten Mal.

Draussen sah ich wie meine Frau ihr Rad an Meins schliesst, wir begrüssten uns und gingen gemeinsam herein, hoch zu unseren Plätzen. Da der Mittelrang nicht besonders gefüllt war, konnten wir uns noch um drei Reihen verbessern.
Das Stück (Warten auf Godot inszeniert von Matthias Hartmann), sehr unterhaltsam bis zur Pause – man kann sich am Besten selbst ein Urteil bilden (für Insider: „Man weeeiiss nicht warum“).

Am Ende der Pause, nach dem Genuss eines Getränks in der Belétage, schaute ich ganz unbekümmert aus dem Fenster auf die Stelle, wo die Räder parkten. Irgendwas stimmte nicht. War es wirklich dieser Pfosten? Es machte sich ziemlich schnell die Gewissheit breit, dass unsere Räder “weg” waren. Ich dachte nur, geklaut sei irgendwie komisch bei dem ganzen Polizeiaufgebot am Ring (Wiener Festwochen wurden eröffnet) – und dann direkt beide?

An die Fortsetzung des Theaterbesuchs war natürlich unter den Umständen nicht mehr zu denken.

Wir also raus auf die Strasse zu unserem Mast. Tatsächlich: die Räder waren weg, kein Hinweis, aber auch keine geknackten Schlösser auf dem Boden.

Raus aus dem Theater. Auf der Haltestelle standen zwei Typen von den Wiener Linien, die aber nichts von unseren Rädern wussten, da sie erst seit kurzem dort waren. Sie gaben uns eine Telefonnummer, dort gab man uns eine andere Telefonnummer und dort meldete sich schliesslich niemand. Freitag abend eben. Scheisse.

Später erfuhren wir von zwei anderen Wiener Linien Typen, dass sie unsere Räder entfernen liessen, weil es angeblich nicht erlaubt und gefährlich wäre, Räder auf Haltestellen abzustellen. Gefahr in Verzug sozusagen. Irgendwie waren da nicht gerade grosse Menschenmassen unterwegs – aber egal. Sie hätten sogar Räder, die an Baumschutzgittern, also nicht direkt an der Haltestelle abgeschlossen waren entfernt (?). Das kam mir schon eher vor als hätten sie besonderen Spass daran, Fahrräder zu knacken.
Sie gaben uns aber auch die Adresse von dem Strassenbahndepot am Gürtel, wo wir die Räder jetzt noch abholen könnten. Die Polizisten schienen nicht so erfreut über die Handhabe der Wiener Linien zu sein und gaben uns auch noch mit auf dem Weg, falls es Probleme mit den Wiener Linien gäbe, sollten wir uns nochmal an sie wenden bzw. hätten wir auch direkt dort Anzeige erstatten können.

Auf dem Weg schossen mir noch Gedanken durch den Kopf, dass selbst wenn die Räder da wären, wir sie nicht ausgehändigt bekämen, weil wir keine Rechnung vorlegen könnten oder weil der entsprechende Sachbearbeiter nur Donnerstags zwischen 7 und 8 Uhr Parteienverkehr hätte oder keine Ahnung warum. Schliesslich scheinen sich die Wiener Linien als Behörde aufzuspielen und da muss man ja mit einigem rechnen.

Am Depot angekommen fragten wir den Weichensteller nach dem Ort, wo die Fahrräder aufbewahrt werden. Er zeigt und den Weg, räumte allerdings auch ein, dass da jetzt wohl keiner mehr sei und man solle besser am Montag wieder kommen.
Über die Gleisanlagen, vorbei an den riesigen hellerleuchteten Hallen mit schlafenden Strassenbahnen gelangten wir zu dem Ort. Immerhin war dort Licht im Raum. Wir klingelten. Mehrmals. Nichts. Schliesslich sahen wir drinnen jemanden und gingen davon aus, dass er uns die Tür aufmacht. Fehlanzeige.

Schliesslich fragten wir nochmal den Weichensteller, ob das wirklich der Ort sei, und er sagte wir könnten es auch noch woanders versuchten. Dort platzten wir zuerst in ein feucht-fröhliches Feierabendgelage und landeten schliesslich bei jemandem, der uns zwar helfen wollte aber nicht konnte, weil er mit >denen< nichts zu tun hatte. Er versuchte auch die uns gegebene Telefonnummer zu wählen. Nichts.

Wir geisterten wieder über das nächtliche Depot, über die Gleisanlagen, vorbei an hellerleuchteten Hallen mit den schlafenden Strassenbahnen – irgenwie gespenstisch und erreichten schliesslich den mutmasslichen Ort. Und da war jetzt wirklich jemand vor der Tür. Wir fragten, ob er von dort sei und was mit den Fahrrädern zu tun hätte. Er bejahte, suchte seinen Schlüssel, schloss auf und da standen direkt hinter der Tür zwei Räder, eins war von uns. Der Typ, den wir vorher durch das Fenster sahen, lief jetzt auch da herum.
In dem Korb lagen die durchgeschnittenen Schlösser und mein Helm. Weiter hinten um die Ecke befanden sich noch mal zwei Räder, unter anderem unser zweites Rad. Immerhin. Jetzt beratschlagten die beiden Männer, ob sie uns überhaupt die Räder aushändigen dürften. Wir sagten natürlich, klar. Schliesslich seien wir nicht umsonst dahin gekommen und die Polizisten sagten uns, man könne auch mit dem Fahrradschlüssel den Besitz nachweisen. man trägt ja nicht immer die Fahrradrechnung mit sich herum.
Die Beiden schienen etwas säuerlich auf ihre Kollegen, weil diese sie durch die Nacht kommandieren würden um die Räder zu knacken. Was ein Blödsinn, fanden sie auch und überliessen uns unsere Räder ohne grosse Formalitäten.

Zum Glück ist das Schloss meiner Frau noch erhalten geblieben, während ich Meines direkt in den nächsten Mülleimer geschmissen habe nachdem ich mir ein neues gekauft habe.

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Im Nachhinein konnte ich nicht in Erfahrung bringen, woraus hervorgehen soll, dass man einerseits sein Rad nicht auf der Haltestelle abstellen darf, andererseits dass die Wiener Linien Exekutivgewalt im öffentlichen Raum besitzen, finde ich auch seltsam, wenn nicht sogar befremdlich.

Kosten des Abends:
2 x € 15,- Burgtheater, durch die Sitzplatzverbessung um 3 Reihen ( 2 x € 35,-) -> € 70 – € 30,- = € 40,- allerdings nur zu Hälfte, weil in der Pause gegangen, also € 20,- Gewinn
2 Getränke in der Pause € 7,50
2 x € 2.20 (in der Bahn gelöst) -> € 4.40
2 neue Schlösser € 15,- + € 30,-  -> € 45,-

Ein klares Minus auf unserer Seite, vor Allem, weil nicht absehbar ist, wann wir erfahren können, ob Godot überhaupt gekommen ist:-). Das Stück war eine Produktion des Schauspielhauses Bochum.