Wien für Radfahrer lebensgefährlich – Krieg auf der Strasse

Ich habe es schon lange gedacht. Mein täglicher Weg bringt mich mitten durch die Stadt und dann wahrscheinlich auf den gefährlichsten Radweg in Wien. Es ist das Stück von der Oper über die Operngasse zur Margaretenstrasse. In den Rushhours reicht es nicht, dass die Radfahrer in beide Richtungen Kamikaze fahren, man muss auch darauf achten, ob die linksabbiegenden Autofahrer einen wirklich sehen. Gerne täuschen sie das Losfahren auch nur an, in dem sie kurz die Kupplung kommen lassen. Wissen sie, dass mir dann immer das Herz in die Hose rutscht. Machen die bestimmt mit Absicht. Haben die Schwanzverlängerung am Fuss wohl auch nötig. Gleichzeitig gibt es auch noch Radgegenverkehr, teilweise auch überholend. Nicht sehr witzig diese Kreuzung an der Kunsthalle. Hat man die überlebt, fährt man dann an parkenden Autos vorbei, wo gerne mal die Tür aufgeht, oder ein Fussgängerüberweg kreuzt oder diverse Ein- und Ausfahrten den Fahrfluss behindern bis man schliesslich durch ein Nadelöhr (gefühlte 50 cm  Radwegbreite in BEIDE Richtungen) unmittelbar vor der nächsten Harakiri Kreuzung muss. Ich bin jedesmal schweissgebadet, wenn ich mein Ziel erreicht habe.

Verschiegen habe ich, dass ich teilweise illegal vorher gegen Einbahnstrassen und über Fussgängerzonen fahre(n muss) und immer heilfroh bin, dass kein unausgelasteter Bulle mich vom Rad holt. Das ist nunmal der kürzeste Weg. Wurde sogar mal im Internet so ausgespuckt und hat selbst die Bullen damals verwundert, als sie mich anhielten.

Kürzlich war im Spiegel online ein Ranking der fahrradfreundlichsten Städte veröffentlicht. Dass Wien ziemlich weit hinten (Platz 19 von 20) liegt hat mich nicht so sehr gewundert. Erstaunt hat mich vielmehr, dass Budapest auf Platz 10 ist.

Als ich vor 20 jahren dort lebte, gab es vielleicht fünf Räder in der ganzen Stadt, zwei davon gehörten meinem Cousin. Im Strassenbild sah man nie Räder. Fahrradwege gab es demnach nicht. Für wen auch? Kein Mensch benutzte ein Fahrrad als Fortbewegungsmittel. Fahrradfahren war ein Abenteuer. Ein Freund fuhr eines Tages mit dem Fahrrad die Ringstrasse (Körut) lang. Als er abbiegen wollte, wurde er von einem Taxi angefahren, legte sich auf’s Maul und brach sich den Arm. Das war nicht genug. Taxifahrer stieg aus und anstatt sich zu entschuldigen gab er meinem Freund eine riesen Ohrpfeife und schrie ihn an, was er denn auf der Strasse zu suchen hätte. Zwanzig Jahre später Platz 10! Das nenne ich eine Entwicklung.

Kürzlich habe ich auf dem Dangerseakerweg „lebensgefährlich“ und ein anderes Mal „Kreuzungen, Fussgänger und parkende Autos: lauter gefährliche Hindernisse“ aufgeschnappt. Und die das sagten, sahen nicht gerade aus wie New Yorker-Kamikaze-Fahrradkuriere aus. Dann habe ich gelesen, dass es jetzt einen Beauftragten der Stadt Wien für Fahrradverkehr geben soll. Nur was soll der schon ausrichten. Die Strassen – oder wie man hier richtiger Weise auf grund der Grösse sagt: Gassen – sind einfach viel zu eng. Man müsste ganze Häuserzeilen wegsprengen oder mindestens Parkspuren überhaupt aufgeben um ausreichend Platz für den Fahrradverkehr zu schaffen. Das will ich sehen bei der Autofahrerlobby…

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