Neandertaler löffelt Buchstabensuppe

Lange habe ich nach einem passenden Vergleich gesucht. Das Bild im Stanley Kubrick Film „2001: A Space Odysey“ mit den Neandertalern vor dem Monolithen (Uggh…uggh) ist schon ganz gut, aber fast etwas zu abstrakt. Deswegen glaube ich angemessener ist das Bild mit einem Neandertaler vor Buchstabensuppe, weil er selbst noch keine Sprache hat, geschweige denn Symbole oder gar ein Alphabet.

Ich bin seit gestern auch technologisch in der Zukunft angekommen, denn ich habe so ein hochmodernes schlaues Telefon, das viele Geräte, wie Schreibmaschine, Walkman, Radio, Foto- und Videokamera, Diktaphon, Postkasten ersetzen können soll und viele neue „Geräte“ erschafft, von denen ich noch nicht weiss, was ich damit anfangen soll. Ach so, Telefonieren kann man auch. Das war der Hauptgrund dieser Anschaffung. Und damit das auch klar ist: ich bin nicht der Apple Sekte beigetreten!

Die ersten Schweissperlen hatte ich schon auf der Stirn als das Synchronisieren mit meinem Computer nicht auf Anhieb funktionierte. Glücklicherweise ist er noch so gerade kompatibel, was schon ein Wunder heutzutage ist bei einem 4 Jahre alten Gerät.

Das ist echt der totale Wahnsinn wie schnell sich Technik entwickelt. Wenn ich mir überlege, dass mein erster Computer 1998 sechs GB Festplattenspeicher hatte und jetzt das Telefon schon mehr hat – und der war damals oberes Mittelfeld. Wenn ich jetzt noch an ca. 1990 denke, als ich mir eine Stereoanlage bestehend aus Verstärker, Radio und Cassettendeck zulegte, ergänzt um einen Diskman zwei Jahre später, der mittlerweile (vor 10 Jahren) den Geist aufgegeben hat. Die Anlage funktioniert allerdings immernoch tadellos. Ok, ich bin auch kein besonderer Vielhörer, aber egal. Später kaufte ich mir einen Plattenspieler, weil ich einige Platten hatte, die ich hören wollte. Ich wusste schon damals, dass das wohl eher ein technologischer Rückschritt war. Fand ich aber gut. Immer wollte ich einen neuen CD Player kaufen, weil ich ja die CDs gar nicht mehr hören konnte. Irgendwann konnte man ja dann auch CDs kopieren. Trotzdem bin ich ohne das Ding ausgekommen.

In den letzten Jahren habe ich gedacht, es wäre mal so richtig schlau auf MP3 umzusteigen. Man würde viel Zeug loswerden können etc. Das ganze fand ich dann aber wieder unbefriedigend, weil der Player irgendwann zu wenig Speicher haben kann und man dann wieder auf den Computer zurückgreifen muss oder die Dinger mit viel Speicher kosten so viel wie ein Kleinwagen. Computer und Musikanlage zusammen funktionierend fand ich ohnehin keine gute Idee. Computer hat was mit Arbeiten zu tun, Musik mit Freizeit. Die Sphären verschwimmen zwar immer mehr, aber das heisst ja nicht, dass man keine Grenzen ziehen kann. Und abends,wenn ich nicht „zutun“ habe, ist die Kiste aus.

In den 80ern bekam ich zu Weihnachten einen Walkman. Leider war es der zu der Zeit der Kleinste der Welt, und ist deswegen auch nicht wirklich alt geworden. Sind halt anfällig die Dinger. Cassetten waren überhaupt das grösste. Aufnehmen, selbst zusammen“mixen“ und meisstens einfach nur abspielen von vorne bis hinten. Später konnte man eine Cassette dann mit „Auto Reverse“ hören bis der Arzt kommt bzw. die Batterie lehr war oder Bandsalat da war. Wir hatten  nicht einmal einen Videorekorder, aber meine Eltern hatten schon eine elektrische Schreibmaschine, die Texte speichern konnte. Das war schon eine zarte Andeutung, von dem was noch auf uns zukommen sollte. Der Taschenrechner war voll in Ordnung und hat sich bis heute nicht entscheidend verändert, ausser dass man jetzt die Gleichungen so eintippen kann wie man sie aufschreibt. Früher musste man sich noch überlegen, wo man anfängt zu rechnen. Eben: die Rechenarten haben sich einfach in den letzten 30 Jahren überhaupt nicht verändert.

In den 70ern hatten wir nur einen Schwarzweissfernseher, der oft kaputt war – war wahrscheinlich ein Vorwand von meinen Eltern, damit ich nicht vor der Kiste sitze? War aber auch egal. Es gab eh nur drei Programme und die sendeten zwischen 16 und 1 Uhr und dazwischen gab es ein Testbild. Das Küchenradio hatte zu der Zeit noch Klappzahlen, die natürlich auch nicht ewig funktionierten.

War das eigentlich nur bei uns so, dass das technische Gerät immer kaputt ging? Oder waren meine Eltern einfach zu geizig, „teurere“ und damit vermeintlich „bessere“ Dinge anzuschaffen.

Damals konnte man die „Marken“ wenigsten noch unterscheiden. Sie standen für Weltbilder und verkauften diese ihren Kunden. Heute sieht doch alles gleich aus. Autos sind dafür ein besonders gutes Beispiel. Mercedes waren für Spiesser und Bonzen,  Opel für Ottonormalverbraucher, Citroen für die Intellektuellen etc und natürlich für ne ganze Menge Pseudos.

Zurück zum Neandertaler, also zu mir in dem Fall. Wenn ich jetzt schon nicht mehr richtig mitkomme bei so manchen Entwicklungen – egal ob ich ohnehin bei vielem eher analog bleiben will -, wie ergeht es den heute 20 Jährigen, wenn die Entwicklung immer rasanter fortschreitet? Sind die dann teilweise schon in 10 Jahren abgehängt. Weil irgendwann fängt Jeder an sich einzurichten und mit dem zufrieden zugeben, was er hat und kann. Nicht alle gehen bei jeder Entwicklung mit.

Zum Vergleich: das iPhone3 kam 2008 auf den Markt, das i phone4 2010 und das iphone5 kommt schon 2011 raus. D. h. dass das Telefon schon innerhalb der Mindestlaufzeit von Handyverträgen veraltet ist. Dazu kommt noch so ganz nebensächlich, dass das Teil, was Jeder haben will, nicht verschenkt wird. Das ist schweineteuer. Dabei wundere ich mich am meissten darüber, wo das ganze Geld herkommt. Die Leute sind ja nicht wesentlich reicher als vor 20-30 Jahren und die sehen auch nicht so aus als ob sie mal eben 500 Euro scheissen könnten.

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