Architekten als Steigbügelhalter der Immobilienbranche

Das wird ja immer besser. Jetzt gibt es in Wien einen Architekturwettbewerb zum Thema Zukunft in Wien und weder Stadt noch Hochschulinstitute für Städtebau und Raumplanung oder Geographie sind beteiligt. Klar, wenn es um Visionen geht, ist es mit einer kafkaesken Behörden auch schwierig etwas zu entwickeln.
Aber was motiviert einen Bauträger, einen solchen Wettbewerb quasi im stillen Kämmerlein mit einem Preisgeld von € 20.000,- (inkl. USt = auf Österreich bezogen knapp € 16.700,- netto) auszuloben. Das ist doch offensichtlich. Die wollen wissen, wie sie sich in Zukunft auch weiterhin die Taschen vollstopfen können und ziehen dabei das Kleid der visionären Verschleierung an. Und alle beteiligten Architekten oder Planer sei es als Möchtegern-Visionäre oder Jury glauben, dass sie, wenn sie schön artig sind, auch mit einem Projekt in naher Zukunft belohnt werden. Deswegen nehmen sie auch gerne in Kauf für fast umsonst Ideen zu liefern.

In Wirklichkeit können die sich den Wettbewerb doch sparen. Was in Wien wichtig wird, hat leider nichts mit Taschenvollstopfen zutun. Weil eines der zentralen Themen bezahlbarer Wohnraum in der Stadt ist, und zwar auch in der Innenstadt. Bei der sonst zu erwartenden Gentrifizierung, müsste in fremsprachliche Beschilderung und entsprechende Fremdsprachenkurse für Servicepersonal, Polizei etc. investiert werden. Kein normaler Mensch (Verdiener) wird sich die Stadt noch leisten können. Dazu kommt, dass die Neuwiener gar nicht hier wohnen, weil sie nur ihren Dritt- oder Viertwohnsitz hier haben. Sie kommen einmal im Jahr, kaufen dann eine Edelboutique leer und das war es dann auch schon. Also das Feld wird endgültig den Touristen überlassen, die besonders in der Weihnachtszeit die Stadt fluten.
Die einzige Lösung ist, die Immobilienpreise müssen deutlich runter. Pech für die, die sich jetzt für 5-10000 Euro pro qm eine Bruchbude kaufen – und dass bei Baupreisen von 2-4000 Euro pro qm. Soviel zum Thema Taschenvollstopfen.

Dann muss Wien im Inneren viel grüner werden. Diese Stein- und Asphaltwüste ist für das Mikroklima besonders in den Extremzeiten überaus nachteilig. Es gibt auf Grund der Topographie kaum (Kalt-)luftschneisen und diese können sich kaum durch mangelnde Grünkörper entwickeln. Das würde Luftqualität verbessern und der Schallabsorbtion beitragen. Dabei könnte jeder fünfte PKW-Stellplatz für einen Baum oder bei extrem schmalen Strassen überhaupt eine ganze Seite Stellplätze zu Gunsten von Fuss-, Fahrradweg und Bäumen geopfert werden, was zur Konsequenz hätte, dass dadurch sich zwangsläufig die PKW reduzieren und/oder über weitere Tiefgaragen unter Plätzen nachgedacht werden müsste.

Damit ist der dritte Punkt der Ausbau des Fahrradwegesystem. Es kann nicht sein, dass man die Stadt nicht an allen Stellen durchqueren kann (darf) bzw. sich teilweise in Lebensgefahr begibt, weil die Wiener Autofahrer sich einen Scheiss um andere Verkehrsteilnehmer kümmern. D.h. nicht nur ein paar Linien auf die Strassen malen und Fahrradweg draufschreiben und so tun als ob, sondern ein wirkliches sicheres Gesamtkonzept.

Abschliessend ist festzuhalten, dass es nicht um eine generelle Verbannung des Autoverkehrs aus der Stadt geht. Die grünmotivierten Verkehrskonzepte mit autofreien Innenstädten funktionieren nicht, weil sie nur noch mehr Verkehr erzeugen, da die Routenführung meisstens kompliziert, umständlich und irreführend ist. Da in Wien vor 150 Jahren keine zukunftsfähige Radialvernetzung geschaffen wurde, ist es um so wichtiger die wenigen leistungsfähigen Radialen zu stärken. Daher ist es auch anzustreben, Fussgängerzonen so weit wie möglich zurückbauen, da es wichtig ist, mit dem Auto durch und in die Stadt fahren zu können. Die Fussgängerzonen führen u.a. dazu, dass vor allem Touristen aber auch Einheimische irgendwann glauben, alles sei autofrei, und man könnte mit seinem fotografierenden Brett-vor-dem-Kopf ohne zu gucken überall langlaufen. Wenn man die totale Fussgängerzone will, sollte man darüber nachdenken, ob man nicht einen Zaun aufstellen und Eintritt verlangen möchte. Womit wir beim Disneyland sind. Auch ein zukunftfähiges Konzept für eine Stadt, kann man sich in Venedig anschauen. Wer es mag…