Kunst

Kran Soziologie

Vor kurzem hatte ich die Idee eine Fotoserie über Kranpaare zu machen. Auslöser war die im Umkreis von 500 Meter stetig zunehmende Bautätigkeit und dadurch zunehmende Population von Kränen, die mittlerweile die Zahl 20 schon weit überschritten hat. Ich dachte, ich könnte ein paar schöne Bilder schiessen und eine Art Choreographie wie beim Ballett dokumentieren.
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Der Eine Haken hoch, Drehung weg vom Anderen. Der Andere Katze raus, Drehung zum Einen, Haken runter. Der Eine Katze rein, Haken runter, Last ab. Der Andere Last drauf, Haken hoch, Katze rein, Drehung vom Anderen weg. Der Eine Haken hoch, Drehung zum Anderen, Katze raus, wartet. Der Andere Haken runter, Last ab, Haken wieder hoch, Drehung zum Einen. Und so weiter. Das ist der eine Aspekt. Grossbaustelle mit mehreren Kränen und die Beziehung zueinander also quasi so was wie Familie. Der andere Aspekt ist mir erst später aufgefallen.

Natürlich übernehmen die Kräne hier genauso wenig den aktiven Part wie beim ersten Aspekt, da die Bautätigkeit von anderen gesteuert wird. Vergisst man das mal für einen Moment, ist es weiterhin  interessant zu beobachten, wie kurz ein Kran alleine bleibt. Schnell wird eine Baustelle in der Nähe eröffnet und der alleinstehende Kran bekommt Gesellschaft. So entstehen lauter neue blind-date mässige Paare. Fast wie im echten Leben.

Nie wieder Venedig!!!

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Interessant ist wie schnell sich Eindrücke verklären. Sicherlich habe ich den Entschluss, nie mehr nach Venedig zu fahren, schon beim letzten Mal gefasst. Konnte mich aber bei Urlaubsplanung diesmal nicht mehr erinnern, obwohl ich grundsätzlich Bedenken äusserte im Sommer hinzufahren.

Schon bei der Recherche, wo man das Auto mehrere Tage parken könnte, kippte ich hinten über. Garage San Marco, Bestprice, € 30,- pro Tag. Die haben wohl best mit biggest verwechselt. Das waren mal satte 50 Prozent mehr als beim letzten Mal. Und das war auch nicht gerade günstig. Aber es gab zum Glück günstigere Alternativen – dafür zumindest.

Endlich angekommen und voller Tatendrang benötigten wir ein Ticket für das Vaporetto. Ich hatte noch dunkel in Erinnerung, dass eine Fahrt € 1,50 oder so kostete, man ähnlich wie in Paris sich eine Zehnerkarte kaufen kann und damit erst gut über die Runden kommt. Nicht so heutzutage. Innerhalb der letzten fünf Jahre müssen sich die Entscheidungsträger wohl überlegt haben, dass man, solange es noch geht, die Touristen, ohne die Venedig ohnehin schon längs nicht mehr existieren würde, nochmal richtig zur Kasse zu bitten. Und zwar bei allem, was möglich ist.

Es fing damit an, dass wir wie die Hornochsen vor dem Bigliette Automaten standen und, obwohl es so aussah als ob, war es nicht möglich irgendeine Karte zu ziehen. Typisch Italien eben, dachte ich. Eine etwas vorlaute Touristin, gross Französisch und Deutsch parlierend, klärte uns auf. Man müsste sich eine VeniceCard besorgen und die gäbe es nur am Bahnhof und bei San Marco. Toll. Und wir mittendrin auf halber Strecke. Also auf, Richtung San Marco, in der Hoffnung, dass es bei der Station Rialto auch einen Ticketschalter gibt. Unterwegs bin ich noch in einen Tabac gegangen, weil dort konnte man schliesslich früher auch Tickets kaufen. Hier kam endlich der ganze Wahnsinn ans Licht. Eine Einzelfahrt sollte € 6,50 kosten und Tageskarten entsprechend vielmehr. Stand da nicht auf dem Automaten etwas von €1,30 pro Fahrt? Habe bestimmt was falsch verstanden. Der Verkäufer sprach ungefähr soviel Fremdsprache wie ich Italienisch und schaltete deswegen eine andere Kundin ein, die mir erklärte, dass es die VeniceCard nur für Venizianer gibt und Touristen voll draufzahlen müssten. Ich fragte, seit wann das so wäre, sie entgegenete, es änderte sich laufend das System. Aha.

Weiter geht’s. Bei der Rialto Station befindet sich tatsächlich ein Ticketschalter. Dort konnten wir eine Broschüre über die VeniceCard  studieren. Nach langem hin und her und Nachrechnen, ob sich das überhaupt lohnt oder einfach nur totaler Abzug ist, entscheiden wir uns schliesslich die Karte zu nehmen, erfahren aber am Schalter, dass die überhaupt keine Vaporetto Tickets beinhaltet. Also doch so wie die nette Italienerin behauptete. So eine Superscheisse. Das ganze stundenlange geeier für nichts und wieder nichts. Es war zum verrückt werden. Kurzum, wir kauften eine Wochenkarte für € 50,-, entschieden uns also für Superhyperabzug. Nur um auf der sicheren Seite zu sein. Am Ende amortisierte sie sich sogar. Allerdings war nicht feststellbar, ob wir wirklich eine Wochenkarte bekamen. Die drucken es einfach nicht auf die Karte und, und das ist das Beste, niemand hat jemals kontrolliert. Wahrscheinlich ist deswegen der Preis auch viermal so hoch für Touristen, weil sie davon ausgehen, dass die Hälfte eh nicht bezahlt und dann machen sie immer noch Reibach. Verwunderlich ist, dass ich auch im Internet keine wirkliche Aufklärung gefunden habe, was die VeniceCard wirklich leistet und was die Einheimischen zahlen.

Das Bedauerlichste an der ganzen Geschichte ist, dass wir uns an dem Tag in den Giardini einen Teil der Biennale anschauen wollten und wegen der Aktion mindestens zwei Stunden verloren, und deswegen am Ende im Dauerlauf durch die Gärten laufen mussten und trotzdem vieles nicht sehen konnte.

5 zu 60
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Die Gesamtatmosphäre in den Giardini war wie immer sehr entspannt und nett. Liegt natürlich auch daran, dass bei knapp 40 Grad kein normaler Mensch sich Kunst anschaut. Das Ganze versöhnte uns etwas mit dem verhampelten Vormittag. Was ich allerdings überhaupt nicht verstand, warum überall Lampen brannten – tagsüber bei strahlendem Sonnenschein. Klar, das Überthema war Illuminazioni – aber platter geht es wohl nicht?
Richtig gut fand ich die Beiträge von Frankreich, Israel, Russland, den USA und Deutschland, der berechtigter Weise den Goldenen Löwen bekam.

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Anderen Tags sind wir noch durch die Arsenale gegangen und leider auf die Falle „lange Schlange“ hereingefallen. Das war besonders ärgerlich weil das Warten 60 Minuten gedauert hat und die „Begehung“ nur 5 für einen Raum, der unendlich scheinen sollte und die Lichtfarbe kaum merkbarwechselte. Haben dann aber auch gereicht, die 5 Minuten. Deswegen habe ich das magische Dreieck auf dem Toilettenspülkasten nicht verstanden. Der Marklay gehört zu den anderen beiden mit Sicherheit nicht dazu oder besser gesagt die anderen Beiden gehören zum Markley nicht dazu.

Der hat nämlich aus zigtausend Filmschnipseln, die eine Uhrzeit entweder durch Anwesenheit einer Uhr oder durch Nennung im Dialog beinhalten, aneinandergehängt. Mehrere Schnipsel oder Szenen von ca. 5 bis 20 Sekunden mit der selben Zeit liefen synchron zur realen Zeit. Der totale Wahnsinn. Alle möglichen Filme, alte schwarzweiss Schinken bis zu relativ neuen Filmen kamen vor. Manche kannte man, Viele nicht. Der rote Faden war die Zeit. Das ganze Werk war demnach 24 Stunden lang. Die Biennale ist aber nur von 10-18 Uhr geöffnet. Natürlich hatten die nicht soviel Witz, den Film an einem öffentlichen Ort rund um die Uhr abzuspielen. Mich würde vor Allem interessieren, wie sich die Szenen in der Nacht zusammensetzen, ob es da genauso viel Material gibt wie tagsüber. Bzw. Ob es dichte Zeiten gibt, die mi besonders viel Material bestückt sind. Jedenfalls hätte ich die Stunde Warten lieber dort verbracht, als in der Schlange von James Turrel’s nicht wirklich bestem Objekt.

Italienische Wirtschaftkrise/Milchmädchenrechnung
Man muss nur in eines dieser Eurokrisenländer fahren und dort einen Supermarkt besuchen.  In der Nähe unserer Wohnung gab es einen Billa (österreichische Supermarktkette). Da gibt es zwar viele italienische Produkte, aber noch vielmehr importierte Sachen, die vor allem auch kein Mensch dort braucht. Zum Beispiel Eiscreme von Dr. Oetker (Cameo). In Italien importiertes Eis. Kann es sein das die Römer das Eis erfunden haben? Wie verrrückt soll das denn sein?

In diesem Billa gab es eine Aktion für Moretti Bier in 0,33 Liter Dosen für ca. € 1,40. Eh schon sehr teuer für ne Bierdose im Supermarkt. In irgendwelchen Ess-supernepp-Apotheken hat der halbe Liter Bier bis zu 8 (in Worten Acht) Euro gekostet. Gut, da kann man sagen: die Italiener sind keine Biertrinker, die verkaufen Bier nur für die deutschen Touristen. Allerdings habe ich mich dann schon gewundert, dass in einem kleinen echten italienischen Alimentario auf Burano (noch schlimmerer Tourismus als in Venedig) eine 0,33 Liter Dose dänisches Importbier nur einen Euro gekostet hat.

SPI – Postkarten

Das Ganze fing schon Ende der 80er Jahre an, als ich die ersten Urlaube mit Freunden machte. Damals schrieb man noch Postkarten, nicht nur an seine Eltern, sondern auch an Freunde – also echte, reale Freunde. Nicht so „Daumen-hoch“ F***book Typen.

Erst hatte ich die wage Theorie, dass die Post alles, was sich im Briefkasten befand, befördern musste, also auch Postkarten ohne Briefmarken. Zunächst war es latenter Geiz, dann wurde es sportlich. Also sparten wir die Briefmarken und versendenten lauter Postkarten, die auch tatsächlich – meisstens zumindest – von der Post abgestempelt ankamen. Später zeichneten wir dann die Briefmarken, recycleten schon benutzte (die sogenannte Mehrwegbriefmarke) oder klebten kleine „Bilder“ drauf. Das Tolle war: alles wurde abgestempelt und erreichte den Empfänger.

Irgendwann in der Mitte der 90er Jahre verstand dann die Post keinen Spass mehr und verlangte von dem nichtsahnenden Empfänger so was blödes wie Nachporto. Da war der Spass lantent vorbei. Nicht für uns natürlich. Da ging es erst richtig los.

Nachdem wir vorher meistens konventionelle Postkarten benutzten und der Spass hauptsächlich darin bestand, den grössten Nonsense draufzuschreiben und darauf zu hoffen, dass die Karte auch wirklich ankam – egal von welchem Ausland -, verlagerte sich nun das Interesse mehr auf das Objekt „Postkarte“.

Leider hatte ich es damals vesäumt alle Karten zu fotografieren – war ja auch noch alles analog, und einer der Hauptempfänger ist seit 3 Jahren nicht in der Lage vernünftige Fotos von den Anfangsobjekten zu machen, daher fällt die Auswahl recht schmal aus. Ich erinnere mich noch gut an eine plattgetretene Diebels Alt Dose, in der sich eine Kopie von T. C. Boyles Kurzgeschichte vom Fliegenmenschen befand, die ich zum Geburtstag bekam.

Viele Postkarten waren wie „Chinese Architekt“. Man fand irgendwo was, kopierte und klebte es auf Karton, beschrieb die Rückseite und ab in die Post. Dann gab es einige Materialexperimente mit Bläschen- und Bautenschutzfolie und schliesslich kam die Phase „Postkarte mit Inhalt“. Es fing an mit dem legendären Sülzkotlett. Die erste readymade Postkarte mit einer Auflage von 4 Stück. Kam als Weihnachtskarte ganz gut an.

Nachdem die Karte „SPI  RULEZ“ allerdings nicht ihr Ziel erreicht hatte und auch der danach mehrfach abgesendete Steckbrief keine Wirkung hatte, stellte sich die Frage, ob die Post noch als Kooperationspartner in Frage kam, wenn sie „Kunstdiebe“ beschäftigt. Es liess sich auch keine Regel feststellen, welches Objekt durchkam, welches nicht. „Urmasse“ kam zum Beispiel an, „Prost“ wieder nicht. Man war also etwas der Willkür des Posttribunals – Daumen hoch oder Daumen runter – ausgesetzt.

Im Moment findet ein Prozess der strategischen Neudefinition statt. Mal sehen, was dabei rauskommt.
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SPI – Sülzkotlett in Aspik (Situationistische Experimente)

Als im Jahr 2003 der „Rundgang“ anstand – die Jahresausstellung der Düsseldorfer Kunstakademie – dachteich mir, eine gute Gelegenheit die zwei Jahre alte Fleischkunstpostkarte, die in einer Serie von nur vier Stück aufgelegt wurde, in einer etwas grösseren Edition (20 Stück) an den Mann zu bringen.
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Also ging ich am Freitagabend – Samstags ist immer das meisste Publikum da, ein typisches Sehen und Gesehen werden – in die Akademie und hing die Serie im ganzen Haus, auf den Gängen, in den Treppenhäusern, in den Klassen und auch auf den Klos auf. Einfach mal sehen, was passiert, dachte ich.
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Am nächsten Tag wollte ich mir einen Überblick verschaffen und musste feststellen, dass alle Objekte weg waren. Also entweder waren die Leute so heiss darauf, dass sie sich sofort eins sicherten oder die geheime Kunstpolizei „räumte“ auf. Ich glaube, das Letztere ist das Wahrscheinlichere. Da hat jemand den Braten gerochen und verstand keinen Spass. Deswegen sah ich auch erstmal vom Schwarzfahrerprinzip ab und teilte dem damaligen Rektor meine Entscheidung mit.
Zugestellt im Januar 2006

Mich wundert nur, wie es ein Brite namens Banksy laufend schafft falsche Bilder in Museen zu schmuggeln.

Fazit: die Aktion hat mir Riesenspass gemacht, auch wenn sie vielleicht in der Mülltonne der Akademie endete.

Sammeln 2

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1 – 4 x Sonderbriefmarke Deutsche Bundespost Joseph Beuys, 1993

2 – Druck auf Büttenpapier von 3

3 – Kupferplatte, gefunden 1996

4 – Hygienebeutel, 2005

5 – “EL GUERNICA EXISTE – Lo he vista – Certificado No. 00384″, 1998

6 – Brief von einem guten Freund, 1991

7 – 6 Postkarten “Joseph Beuys”

8 – Fundstücke Hotel, 2009

9 – Duschhaube, 2009

10 – Sonderbriefmarken Royal Mail “The Beatles”, 2008

11 – Transformator

12 – Verrostete Stahlplatten auf Schaltafel

13 – Sammelsurium

Sammeln 1

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1 – 4 x Sonderbriefmarke Deutsche Bundespost Joseph Beuys, 1993

2 – Druck auf Büttenpapier von 3

3 – Kupferplatte, gefunden 1996

4 – Hygienebeutel, 2005

5 – „EL GUERNICA EXISTE – Lo he vista – Certificado No. 00384“, 1998

6 – Brief von einem guten Freund, 1991

7 – 6 Postkarten „Joseph Beuys“

8 – Fundstücke Hotel, 2009

9 – Duschhaube, 2009

10 – Sonderbriefmarken Royal Mail „The Beatles“, 2008

Berliner Schloss – eine kulturelle Katastrophe

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Wie absurd wäre es über die Rekonstruktion des Forum Romanums oder des Colosseums nachzudenken und ihnen eine zeitgemässe Nutzung einzuhauchen?
Immerhin ist relativ viel davon erhalten und es wäre sicherlich sinnvoller solch zentrale Orte in das städtische Leben zu integrieren, anstatt als Nekropolen künstlich durch Touristen am Leben zu halten.

In Berlin liegt der Fall aber anders. Das Schloss wurde 1950 gesprengt, übrig sind nur ein paar Gesteinsbrocken und das im Staatratsgebäude verbaute Portal – soll das eigentlich dort wieder rausgerissen werden?

Kaum einer kann sich daran erinnern, wie Berlin mit dem Schloss aussah. Ich meine, hat es wirklich er>lebt<. Ca. 20 Prozent der deutschen Bevölkerung ist über 65 Jahre, übertragen auf Berlin-Brandenburg sind das 1,4 Millionen Menschen. Das sind unter 2 Prozent der gesamten deutschen Bevölkerung. Und das ist sehr optimistisch gerechnet. Nicht jeder, der 1,4 Millionen Berlin-Brandenburger über 65 Jahren war jemals in der Nähe des Schlosses vor über 61 Jahren. Man sollte vielleicht noch erwähnen, dass die Zerstörung schon 1945 gegen Ende des Krieges begann.

In Facebook gibt es 1.114 Gefällt-mir (Stand 7.7.11) für den Schloss-Wiederaufbau. Gibt es auch einen Gefällt-mir-nicht-Button oder muss erst eine „Kein-Berliner-Schloss“-Gruppe gegründet werden, um dagegen sein zu können? Zum Vergleich: Aldi Nord hat nur 435 Gefällt-mir, Fortuna Düsseldorf 49.076 und DER SPIEGEL 160.232.

600 Millionen Euro entsprechen 8x dem Centre Georges Pompidou (Baupreis 70er Jahre), 6x dem Porsche Museum, 3x dem Umbau des Neuen Museum und 2x der Allianzarena.

Und da ist sie schon wieder: eine 6 mit gaanz vielen Nullen.