Kunst

Leerstand in Wien 1

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Dieses recht charmante, authentische 60 er Jahre Hochhaus mit seinen Waschbetonbrüstungen und Fensterbändern steht seit Jahren leer. Warum eigentlich? Geht es uns hier so gut, dass wir auf eine Bruttogeschossfläche von ca. 14 x 500 m² = 7000 m² verzichten wollen oder können?

Das Haus ist ideal angebunden: liegt in der Nähe der U4 Heiligenstadt, der Nordbrücke und hat einen grossen Parkplatz vor der Tür.

Wenn es keine Kommerznutzung und keine Asbestbelastung o. ä. gibt, könnte wenigstens eine Zwischennutzung (für symbolische € 100 pro Etage Kaltmiete) in Erwägung gezogen werden. In Berlin oder Amsterdam ist man sich schon seit Jahren dieser ungenutzen Flächen als Potenzial bewusst, und kommt als junger Irgendwas (Startup, Künstler, Designer, Freiberufler, Student etc.) günstig an Raum zur Entfaltung. Warum es nicht auch hier versuchen? Ist auf jeden Fall besser als eine riesengrosse Calvin Klein Werbung anzubringen. Zwischennutzung erzeugt wenigstens einen ideellen Mehrwert. Irgendjemand muss doch die ganze Zeit für die Bude Unterhaltkosten blechen. Kann mir nicht vorstellen, dass eine leerstehende Hütte niemanden nix kostet.

Carlos – gedreht mit Originaltaxi

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Ich bin fast hintenüber gekippt als ich kürzlich die Carlos Trilogie in 27 Sprachen gesehen habe. Es tauchte in einer Szene in Wien ein Taxi auf, was mir bekannt vorkam. Ein alter 200/, mit einem schwarzen Kennzeichen (Erstzulassung aus den 70ern?) und einem alten Taxischild auf dem Dach. Und gerade habe ich den Wagen gesehen und das Kennzeichen überprüft. Es ist der Wagen. Die haben tatsächlich genau den genommen. Vielleicht hat der Fahrer sogar wirklich Carlos damals gefahren. Ist doch gut möglich. Überhaupt ist mir in dem Film aufgefallen, wie viele Autos aus den 70ern noch in richtig gutem Zustand vorhanden sind. Die haben teilweise ganze Strassenzüge mit den alten Autos vollgestellt. Leider sahen die alle aus, als ob sie aus einem Museum bzw. vom Werk kämen, total poliert, keine Regentropfen, kein Kratzer. Wie Neuwagen.

Mit dem Schlauchboot zur nächsten Fussball WM

Eine Besichtigung Mitte der 1990er von Sevillas Expo ’92-Gelände wurde von einem unüberwindbaren Zaun verhindert. Dazu legte sich sanft der rote Wüstensand über die Pavillons. Ziemlich deprimierend das Ganze.

Es ist zu befürchten, dass es vielen der hochmodernen Fussballarenen in Südafrika und demnächst in Polen/Ukraine und Brasilien ähnlich ergehen wird wie den Pavillons in Sevilla – abgesehen davon, dass es für viele dieser Länder ein finanzielles Desaster bedeutet, wenn auch keine auslastende Nachnutzung vorhanden ist. Dazu kommt, dass unterstellt wird, planerisches und logistisches Knowhow sei nicht vorhanden, um Sportstätten in entsprechenden Zeit- und Kostenrahmen zu errichten. Also exportieren wir unsere Planer und Baufirmen gleich mit. Gut für uns, schlecht für die anderen.
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Warum baut man nicht z. B. Stadien, die von einer WM zur nächsten wandern? Ein Flagschiff bleibt stehen und der Rest zieht weiter. Bildlich gesprochen: Das Stadion ist ein Schlauchboot und schwimmt über den Ozean von einem zum nächsten Grossereignis.

Warten auf Godot

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Als ich Freitag abend ganz unprätentiös mit dem Fahrrad zum Burgtheater fuhr, war da wieder das übliche Problem. Es gab nicht genügend Fahrradstellplätze. Ok, man sollte vielleicht auch nicht mit einem Drahtesel bei der Burg vorfahren. Ist vielleicht eine Beleidigung der Hochkultur. Liess sich aber nicht ändern.
Der einzig freie Mast befand sich am Ende der Strassenbahnhaltestelle, also da, wo meisstens keine Bahn mehr steht.
Ich schloss das Fahrrad inklusive Helm also dort ab, holte die auf den Namen meiner Frau bestellten Karten ab, was den netten Herrn vom Burgtheater wegen der Namensähnlichkeit immer sehr erfreut.
– Schöner Name. Ich heisse auch so – ohne “i” …Ihre Frau kommt heute nicht?
– Doch! Sie hat sich nur verspätet. Danke für die Karten, bis zum nächsten Mal.

Draussen sah ich wie meine Frau ihr Rad an Meins schliesst, wir begrüssten uns und gingen gemeinsam herein, hoch zu unseren Plätzen. Da der Mittelrang nicht besonders gefüllt war, konnten wir uns noch um drei Reihen verbessern.
Das Stück (Warten auf Godot inszeniert von Matthias Hartmann), sehr unterhaltsam bis zur Pause – man kann sich am Besten selbst ein Urteil bilden (für Insider: „Man weeeiiss nicht warum“).

Am Ende der Pause, nach dem Genuss eines Getränks in der Belétage, schaute ich ganz unbekümmert aus dem Fenster auf die Stelle, wo die Räder parkten. Irgendwas stimmte nicht. War es wirklich dieser Pfosten? Es machte sich ziemlich schnell die Gewissheit breit, dass unsere Räder “weg” waren. Ich dachte nur, geklaut sei irgendwie komisch bei dem ganzen Polizeiaufgebot am Ring (Wiener Festwochen wurden eröffnet) – und dann direkt beide?

An die Fortsetzung des Theaterbesuchs war natürlich unter den Umständen nicht mehr zu denken.

Wir also raus auf die Strasse zu unserem Mast. Tatsächlich: die Räder waren weg, kein Hinweis, aber auch keine geknackten Schlösser auf dem Boden.

Raus aus dem Theater. Auf der Haltestelle standen zwei Typen von den Wiener Linien, die aber nichts von unseren Rädern wussten, da sie erst seit kurzem dort waren. Sie gaben uns eine Telefonnummer, dort gab man uns eine andere Telefonnummer und dort meldete sich schliesslich niemand. Freitag abend eben. Scheisse.

Später erfuhren wir von zwei anderen Wiener Linien Typen, dass sie unsere Räder entfernen liessen, weil es angeblich nicht erlaubt und gefährlich wäre, Räder auf Haltestellen abzustellen. Gefahr in Verzug sozusagen. Irgendwie waren da nicht gerade grosse Menschenmassen unterwegs – aber egal. Sie hätten sogar Räder, die an Baumschutzgittern, also nicht direkt an der Haltestelle abgeschlossen waren entfernt (?). Das kam mir schon eher vor als hätten sie besonderen Spass daran, Fahrräder zu knacken.
Sie gaben uns aber auch die Adresse von dem Strassenbahndepot am Gürtel, wo wir die Räder jetzt noch abholen könnten. Die Polizisten schienen nicht so erfreut über die Handhabe der Wiener Linien zu sein und gaben uns auch noch mit auf dem Weg, falls es Probleme mit den Wiener Linien gäbe, sollten wir uns nochmal an sie wenden bzw. hätten wir auch direkt dort Anzeige erstatten können.

Auf dem Weg schossen mir noch Gedanken durch den Kopf, dass selbst wenn die Räder da wären, wir sie nicht ausgehändigt bekämen, weil wir keine Rechnung vorlegen könnten oder weil der entsprechende Sachbearbeiter nur Donnerstags zwischen 7 und 8 Uhr Parteienverkehr hätte oder keine Ahnung warum. Schliesslich scheinen sich die Wiener Linien als Behörde aufzuspielen und da muss man ja mit einigem rechnen.

Am Depot angekommen fragten wir den Weichensteller nach dem Ort, wo die Fahrräder aufbewahrt werden. Er zeigt und den Weg, räumte allerdings auch ein, dass da jetzt wohl keiner mehr sei und man solle besser am Montag wieder kommen.
Über die Gleisanlagen, vorbei an den riesigen hellerleuchteten Hallen mit schlafenden Strassenbahnen gelangten wir zu dem Ort. Immerhin war dort Licht im Raum. Wir klingelten. Mehrmals. Nichts. Schliesslich sahen wir drinnen jemanden und gingen davon aus, dass er uns die Tür aufmacht. Fehlanzeige.

Schliesslich fragten wir nochmal den Weichensteller, ob das wirklich der Ort sei, und er sagte wir könnten es auch noch woanders versuchten. Dort platzten wir zuerst in ein feucht-fröhliches Feierabendgelage und landeten schliesslich bei jemandem, der uns zwar helfen wollte aber nicht konnte, weil er mit >denen< nichts zu tun hatte. Er versuchte auch die uns gegebene Telefonnummer zu wählen. Nichts.

Wir geisterten wieder über das nächtliche Depot, über die Gleisanlagen, vorbei an hellerleuchteten Hallen mit den schlafenden Strassenbahnen – irgenwie gespenstisch und erreichten schliesslich den mutmasslichen Ort. Und da war jetzt wirklich jemand vor der Tür. Wir fragten, ob er von dort sei und was mit den Fahrrädern zu tun hätte. Er bejahte, suchte seinen Schlüssel, schloss auf und da standen direkt hinter der Tür zwei Räder, eins war von uns. Der Typ, den wir vorher durch das Fenster sahen, lief jetzt auch da herum.
In dem Korb lagen die durchgeschnittenen Schlösser und mein Helm. Weiter hinten um die Ecke befanden sich noch mal zwei Räder, unter anderem unser zweites Rad. Immerhin. Jetzt beratschlagten die beiden Männer, ob sie uns überhaupt die Räder aushändigen dürften. Wir sagten natürlich, klar. Schliesslich seien wir nicht umsonst dahin gekommen und die Polizisten sagten uns, man könne auch mit dem Fahrradschlüssel den Besitz nachweisen. man trägt ja nicht immer die Fahrradrechnung mit sich herum.
Die Beiden schienen etwas säuerlich auf ihre Kollegen, weil diese sie durch die Nacht kommandieren würden um die Räder zu knacken. Was ein Blödsinn, fanden sie auch und überliessen uns unsere Räder ohne grosse Formalitäten.

Zum Glück ist das Schloss meiner Frau noch erhalten geblieben, während ich Meines direkt in den nächsten Mülleimer geschmissen habe nachdem ich mir ein neues gekauft habe.

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Im Nachhinein konnte ich nicht in Erfahrung bringen, woraus hervorgehen soll, dass man einerseits sein Rad nicht auf der Haltestelle abstellen darf, andererseits dass die Wiener Linien Exekutivgewalt im öffentlichen Raum besitzen, finde ich auch seltsam, wenn nicht sogar befremdlich.

Kosten des Abends:
2 x € 15,- Burgtheater, durch die Sitzplatzverbessung um 3 Reihen ( 2 x € 35,-) -> € 70 – € 30,- = € 40,- allerdings nur zu Hälfte, weil in der Pause gegangen, also € 20,- Gewinn
2 Getränke in der Pause € 7,50
2 x € 2.20 (in der Bahn gelöst) -> € 4.40
2 neue Schlösser € 15,- + € 30,-  -> € 45,-

Ein klares Minus auf unserer Seite, vor Allem, weil nicht absehbar ist, wann wir erfahren können, ob Godot überhaupt gekommen ist:-). Das Stück war eine Produktion des Schauspielhauses Bochum.